Ich gebe zu, mein letzter Beitrag war ziemlich geladen – wie sollte es auch anders sein, wenn er den Titel „Wut und Trauer“ trägt? Heute möchte ich Dir erzählen, zu welchem Weg mich schließlich mein Gefühlschaos der letzten zwei Jahre geführt hat und – wonach mich tatsächlich auch immer wieder viele Menschen fragen – womit ich aktuell am meisten beschäftigt bin.
Vorab: Es ist die wertvolle Herausforderung, die mich treibt, Menschen zu inspirieren und sie zu ermutigen, ihren Glauben als einen Weg zur persönlichen Entwicklung und Entfaltung, zur Freiheit und innerer Stimmigkeit zu betrachten, anstatt sie zur Knechtschaft zu führen. Und somit kommen wir zu meinem Herzensprojekt, das mich derzeit am meisten einnimmt: Die Theorie eines gesunden Glaubens. Da der Glaube vor allem als „moralischer Kompass“ für alle persönlichen und gesellschaftlichen Entscheidungen dient, ist ein gesunder Kern unverzichtbar.
Gesundheit. Welch schöneren Maßstab könnte es für unser Leben auf dieser Erde geben? Doch wann ist ein Glaube gesund? Diese Frage habe ich mir auch gestellt, als ich begann, meine Theorie zu Papier zu bringen.
Für mich haben sich drei wesentliche Säulen herauskristallisiert, auf denen ein gesunder Glaube ruhen kann:
Die Existenz eines werteorientierten, menschenaufwertenden und gerechten Gottes;
die Existenz eines jenseitigen Lebens, das die diesseitige Wahrnehmungsbeschränkung aufhebt und die Konsequenzen aller diesseitigen Handlungen offenbart, sodass diese für den Betroffenen erfahrbar werden und sich – auf noch unbekannte Weise – materialisieren (Paradies und Hölle);
und schließlich die guten, nützlichen, menschenaufwertenden und umweltdienlichen Handlungen, die als Maßstab für die Realisierung eines gesunden Glaubens dienen.
In diesem Beitrag gehe ich auf die erste Säule ein und frage mich mit Dir, wieso es einen Gott geben soll und wieso gerade diese drei Eigenschaften so entscheidend sind. Was macht diese Eigenschaften so sehr aus, dass ich sie mit Gott in Verbindung bringe? Als ich begann, meine ersten Ideen zu dieser Theorie mit einer Person zu teilen, diskutierten wir zunächst lange hauptsächlich über den Begriff „Menschenaufwertend“. Reicht denn die Beschreibung eines „gerechten Gottes“ nicht aus, beharrte die Person. Du kannst an dieser Stelle eine Pause einlegen und Dich selbst fragen, wie Du Dir generell einen absoluten Schöpfer vorstellst. Versuche dabei gezielte Charaktereigenschaften festzumachen und merke sie Dir.
Doch bevor ich darauf eingehe, was mich persönlich zu diesem Gottesbild geführt hat und wieso ich Gott speziell mit diesen Eigenschaften verbinde, möchte ich noch auf die Existenz Gottes eingehen. Schon immer fragte ich mich hierbei, ob Menschen, die Gottes Existenz ablehnen, dies tun, weil sie tatsächlich nicht daran glauben, dass es ihn gibt oder ob das vermeintliche Gottesbild, das ihnen von ihrem Umfeld vermittelt wurde, sie an dem Glauben an Gott hindert. Ich meine: Wenn mir niemand ein Gottesbild vorsetzt und niemand in seinem Namen Unrecht tun würde, hätte ich einen Grund davon auszugehen, dass es Gott nicht geben kann?
Ja, grundsätzlich fällt es Menschen schwer, an etwas zu glauben, das sie nicht sehen können, daher ist das Argument „Ich sehe es nicht“ verständlich. Aber was bedeutet es, etwas oder jemanden nicht so sehen und hören zu können, wie wir Menschen einander sehen und hören können? Bedeutet es wirklich, dass Dinge, die wir mit unseren fünf Sinnen (sehen, schmecken, riechen, tasten, hören) nicht wahrnehmen können, nicht existieren? Niemand würde das wirklich glauben, denn wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Sinne nicht ausreichen, um die Wirklichkeit zu erfassen.
Die Existenz Gottes ist für mich ein natürliches Ergebnis aus einer unvoreingenommenen Beobachtung dessen, was existiert. Und gerade die Existenz der Schöpfung ließ mich auf die genannten Eigenschaften Gottes kommen. Alles unterliegt bestimmten vordefinierten Werten und Gesetzesmäßigkeiten und kann nur nachhaltig existieren, wenn diese Werte gelebt werden.
Ich stelle mir dabei immer eine Menschengruppe vor, die aus Lügnern, Räubern und Mördern besteht, und frage mich, unter welchen Bedingungen sie dauerhaft überleben kann. Die Kurzfassung: Indem sie das Lügen, Rauben und Morden nur gegenüber anderen Menschengruppen ausleben und untereinander kategorisch ausschließen. Sonst würden sie als Gruppe nicht lange überleben.
Sogar unter „bösen“ Menschen muss zu ihrem eigenen Überleben das „Gute“ praktiziert werden. Dadurch wird klar, dass nur durch die guten Handlungen (hier das Gegenteil von Lügen, Rauben, Morden) generell in allen Lebensbereichen ein Überleben möglich ist.
Durch die Beobachtung der Natur und des Menschen, der selbst Teil der Natur ist, ergab sich mir das folgende Gottesbild: das eines werteorientierten, menschenaufwertenden, gerechten Gottes. Das wiederum muss ein Gott sein, der universale ethische Werte und Prinzipien fördert, die auf Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit, Liebe, Mitgefühl und Respekt ruhen. Die Gesetzmäßigkeit, die er in seiner Schöpfung installiert hat, führt dazu, dass Handlungen, die diesen Werten widersprechen, eine unfaire, diskriminierende, sich selbst zerstörende Gesellschaft schaffen. Die universalen, ethischen Werte inspirieren und motivieren uns, in unserem täglichen Handeln Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit zu fördern und Diskriminierung und Vorurteile abzubauen. Sie wertschätzen den Menschen. Sie helfen ihm, sich stetig weiterzuentwickeln. Ja, sie sind menschenaufwertend.
In dieser Theorie wird Gott als das höchste Ideal gesehen, an das wir uns in wichtigen Lebenssituationen wenden, um Orientierung und Maßstab für unsere Handlungen zu finden. Für diese Theorie spielt die kulturell bedingte, individuelle Vorstellung von Gott keine Rolle, solange die erwähnten Eigenschaften nicht verletzt werden. Diese Theorie erkennt die individuelle kulturelle Prägung einer jeden Vorstellung über Gott bzw. Götter an. Wie auch immer wir Menschen uns Gott vorstellen, unsere Vorstellung ist stets eine rein spekulative Angelegenheit. Sie sollte uns daher in keiner Weise spalten, solange daraus kein Unrecht entsteht: etwa, wenn man durch seine Vorstellung über Gott diskriminiert oder anderes Unrecht begeht.
Bevor es in den nächsten Beiträgen mit der Theorie eines gesunden Glaubens weitergeht, wisse: Wir alle haben die Fähigkeit, einen gesunden Glauben zu finden und zu leben. Es ist eine Reise der Entdeckung und des Wachstums, die uns nicht nur zu besseren Menschen macht, sondern auch zu einer besseren Welt beiträgt. Und ich glaube fest daran, dass wir alle auf diese Reise gehen können und sollten. Denn nur durch einen gesunden Glauben können wir wahrhaftig uns selbst und andere respektieren und lieben und so die Welt zu einem besseren Ort machen.
Der gesunde Glaube ist kein Ziel, sondern ein Zustand auf einer Reise – eine Reise in ein authentisches, ehrliches und erfülltes Leben. Es ist eine Reise, die wir gemeinsam unternehmen können, und ich freue mich darauf, diese Reise mit Dir zu teilen.
In schöner Bälde